20140622CEST143855+0100 Beginn der Rechtsmittelfrist bei fehlerhafter Zustellung
Wird ein Urteil durch die Post amtlich zugestellt und in den Briefkasten eingeworfen, vergisst der Zusteller aber, auf dem Brief das Datum des Einwurfs zu vermerken, dann gilt die Zustellung erst, wenn der Empfänger das Schriftstück nachweislich in die Hand bekommen hat.
Der Tag der Zustellung eines Urteils ist maßgeblich dafür, wann die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels beginnt. Deshalb muss der Tag sowohl vom Zustellenden als auch vom Zustellungsempfänger genau bestimmt werden können. Wird ein Schriftstück durch die Post zugestellt, kann der Zusteller den Brief in den Briefkasten werfen, falls er den Empfänger nicht antrifft. Dies und den Tag der Zustellung vermerkt er in einem Vordruck, den der Zustellende zurück erhält. Der Empfänger erfährt vom Datum des Briefeinwurfs durch einen Datumsvermerk auf dem Briefumschlag. Wird eine dieser Förmlichkeiten vergessen, gilt das Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfänger „tatsächlich zugegangen ist“, lautet nun ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 06.05.2014, Az. GrS 2/13).
Alle Förmlichkeiten müssen beachtet werden
Im zu entscheidenden Fall hatte der Zusteller den Brief mit dem Finanzgerichtsurteil am Vormittag des 24. Dezember, einem Mittwoch, in den Briefkasten einer Rechtsanwaltskanzlei geworfen. Den Datumsvermerk auf dem Briefumschlag hatte er allerdings vergessen. Bei Öffnung der Rechtsanwaltskanzlei nach den Feiertagen am Montag, den 29. Dezember, wurde der undatierte Brief vorgefunden. Der Anwalt ging von einer Zustellung an jenem Montag aus und legte ein Rechtsmittel erst am 27. Januar beim BFH ein. Trotzdem sei die Rechtsmittelfrist gewahrt, so der Große Senat. Wenn der Gesetzgeber die für eine Zustellung notwendige Übergabe des Schriftstücks durch den Einwurf in den Briefkasten ersetze, müssten alle Förmlichkeiten beachtet werden, damit die Rechtsmittelfrist zuverlässig berechnet werden könne. Werde ein Datumsvermerk vergessen, komme es für den Fristbeginn darauf an, wann der Empfänger das Schriftstück tatsächlich in die Hand bekommen habe.
(BFH / STB Web)
Artikel vom: 22.06.2014
Quelle: STB Web.