20140224CET232436+0100 Gericht entscheidet über die Verwendung von Steuerdaten-CDs
Die Verfassungsbeschwerde gegen die Verwertung einer so genannten Steuerdaten-CD, die das Land Rheinland-Pfalz im Jahr 2012 von einer Privatperson erworben hatte, hat keinen Erfolg. Dies entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24. Februar 2014. Er setzte aber der Verwertung einer angekauften Steuerdaten-CD im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Grenzen. Insbesondere mahnte er eine stärkere gerichtliche Kontrolle an.
Das angekaufte Datenpaket enthielt zahlreiche Datensätze von Kunden einer Schweizer Bank, unter denen sich auch der Beschwerdeführer befand. Gestützt auf diese Daten erließ das Amtsgericht Koblenz im Mai 2013 gegen den Beschwerdeführer einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und ordnete nach erfolgter Durchsuchung die Beschlagnahme verschiedener Unterlagen an.
Vor dem Verfassungsgerichtshof machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Verwertung der auf der CD vorhandenen Daten ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletze.
Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege
Der Verfassungsgerichtshof erachtete die Verfassungsbeschwerde jedoch für unbegründet (Az. VGH B 26/13). In verfassungsrechtlicher Hinsicht führe selbst eine rechtswidrige Beweiserhebung nicht ohne weiteres zu einem Verwertungsverbot. Denn im Rahmen der für die Beurteilung eines fairen Verfahrens erforderlichen Gesamtschau seien nicht nur die Rechte des Beschuldigten, sondern auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen. Allerdings gebe es auch im Strafverfahren keine Wahrheitsermittlung um jeden Preis. Der Staat dürfe aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage grundsätzlich keinen Nutzen ziehen. Im Hinblick auf den Ankauf von sog. Steuerdaten-CDs gebe es zumindest eine unklare Rechtslage. Diese Art der Gewinnung von Beweismitteln weiche deutlich vom Normalfall ab.
Die rechtswidrige oder gar strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson führe allerdings nur in Ausnahmefällen zur Unverwertbarkeit dieses Beweismittels im Strafverfahren. Die finanzielle Anreizwirkung für den Informanten durch frühere, vereinzelte Ankäufe von Daten-CDs sei jedenfalls zum Zeitpunkt des Ankaufs der CD durch das Land Rheinland-Pfalz noch nicht von derartigem Gewicht gewesen, dass der Informant gleichsam als „verlängerter Arm“ des Staates angesehen werden könne.
Ausmaß der staatlichen Beteiligung hinsichtlich der Erlangung der Daten
Der Verfassungsgerichtshof weist jedoch darauf hin, dass in Zukunft eine Situation entstehen könne, die es als gerechtfertigt erscheinen lasse, das Handeln eines privaten Informanten der staatlichen Sphäre zuzurechnen. Die Gerichte seien daher zukünftig gehalten, zu überprüfen, wie sich das Ausmaß und der Grad der staatlichen Beteiligung hinsichtlich der Erlangung der Daten darstellen. In diesem Zusammenhang könne auch ein gegebenenfalls erheblicher Anstieg von Ankäufen ausländischer Bankdaten und eine damit verbundene Anreizwirkung zur Beschaffung dieser Daten von Bedeutung sein.
Bereits 2010 entschied das Bundesverfassungsgerichts dass der für eine Wohnungsdurchsuchung erforderliche Anfangsverdacht auf Daten von sog. Steuer-CDs gestützt werden darf, auch wenn diese illegal beschafft wurden (Beschluss vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09, STB Web berichtete). Die Kläger gingen erfolglos gegen die Verwendung von Daten vor, die ein Informant aus Liechtenstein auf einem Datenträger an Deutschland verkauft hatte.
(VGH Rheinland-Pfalz / STB Web)
Artikel vom: 24.02.2014
Quelle: STB Web.