20170329CEST170431+0100 Geänderte Rechtsprechung bei der stufenweisen Ermittlung der zumutbaren Belastung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Steuerpflichtige sog. außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten weitergehend als bisher steuerlich geltend machen können.
Der Abzug sog. außergewöhnlicher Belastungen in der Einkommensteuererklärung ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Eine Zumutbarkeitsgrenze („zumutbare Belastung“) wird in drei Stufen nach einem bestimmten Prozentsatz von 1 bis 7 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bemessen.
Wie funktioniert die Ermittlung der Zumutbarkeitsgrenze – ein Beispiel:
Der Prozentsatz ist abhängig von Familienstand und Kinderzahl und beträgt z.B. bei zusammenveranlagten Ehegatten mit zwei Kindern
- 2 Prozent in Stufe 1 bis 15.340 Euro
- 3 Prozent in Stufe 2 bis 51.130 Euro
- und 4 Prozent über 51.130 Euro
Nach dem Urteil des BFH wird jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasst z.B. der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 Euro übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Bislang gingen demgegenüber Finanzverwaltung und Rechtsprechung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der Grenzen überschreitet. Danach war der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.
Gestufte versus einheitliche Ermittlung der zumutbaren Belastung
Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung Krankheitskosten in Höhe von 4.148 Euro als außergewöhnliche Belastungen erklärt. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des in der Situation des Klägers höchstmöglichen Prozentsatzes von 4 Prozent. Die Krankheitskosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung somit nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.
Der BFH ermittelte in seinem Urteil vom 19. Januar 2017 (Az. VI R 75/14) die zumutbare Belastung neu: Bei der nun gestuften Ermittlung (im Streitfall 2 Prozent bis 15.340 Euro, 3 Prozent bis 51.130 Euro und 4 Prozent erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhten sich die zu berücksichtigenden Krankheitskosten um 664 Euro.
Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung, da Steuerpflichtige nun in der Regel früher und in größerem Umfang durch ihnen entstandene außergewöhnliche Belastungen steuerlich entlastet werden.
(BFH / STB Web)
Artikel vom: 29.03.2017
Quelle: STB Web.