20150429CEST163554+0100 Zum häuslichen Arbeitszimmer bei Handelsvertretern
Liegt der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit eines selbstständigen Handelsvertreters in seinem häuslichen Arbeitszimmer, können die Kosten hierfür vollständig als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Ein selbstständiger Handelsvertreter war im Bereich des Wurst- und Käsevertriebs überregional vor allem für einen Hauptauftraggeber tätig. Dabei verbrachte er etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit mit Kundenbesuchen im gesamten Bundesgebiet und in den Niederlanden. Im Übrigen war er in seinem häuslichen Arbeitszimmer tätig. Das Finanzamt erkannte die für das Arbeitszimmer geltend gemachten Kosten nur in Höhe von 1.250 Euro an, da es nicht den Tätigkeitsmittelpunkt bilde. Hiergegen wandte der Handelsvertreter ein, dass er die meisten seiner Aufgaben nicht im Außendienst habe erledigen können. Vielmehr erfolgen die Aufnahme und die Abwicklung der Aufträge im Arbeitszimmer.
Keine klassische Außendiensttätigkeit
Das Finanzgericht Münster gab dem Handelsvertreter mit Urteil vom 05.03.2015 (Az. 5 K 980/12 E) Recht. Das Arbeitszimmer bilde den qualitativen Schwerpunkt seiner Betätigung. Die vertragliche Verpflichtung, seine Kunden mindestens einmal im Monat zu besuchen, hatte er nicht gelebt, weil hierfür kein Anlass bestand. Die Reisetätigkeit war daher nicht als Mittelpunkt der Tätigkeit anzusehen. Der Mann übt keine klassische Außendiensttätigkeit aus, in der lediglich vor- und nachbereitende Tätigkeiten im Arbeitszimmer vorgenommen werden. Die Produkte liefert er nicht selbst an die Kunden aus. Vielmehr steht er ihnen bezüglich des Sortiments, für die Annahme von Bestellungen und Reklamationen als Ansprechpartner zur Verfügung. Seine Hauptaufgabe liegt darin, den Überblick über das Bestellverhalten des jeweiligen Kunden zu behalten und eine individuelle Angebots- und Bedarfsermittlung vorzunehmen. Diese Aufgabe habe qualitativ ein höheres Gewicht als die Präsenz beim Kunden vor Ort.
(FG Münster / STB Web)
Artikel vom: 29.04.2015
Quelle: STB Web.