Die Pharmaindustrie ist ein hart umkämpfter Markt. Doch die meisten Übernahmen gehen entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht von den Großen der Branche aus, sondern von kleinen, forschungsorientierten Unternehmen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Für die Analyse wurden weltweit exemplarisch alle Übernahmen auf dem Markt für Antidiabetika seit 1997 ausgewertet. 186 Übernahmen wurden identifiziert. Nur sechs dieser Übernahmen gingen von den Marktführern für Antidiabetika aus. Zwei Drittel der Übernahmen tätigten hingegen kleine, forschungsorientierte Unternehmen, die kein eigenes Diabetes-Produkt auf dem Markt hatten.
„Am Mythos der Killer-Akquisitionen, demnach große Pharmafirmen durch Übernahmen kleine Firmen vom Markt drängen, ist nach unserer Analyse nicht viel dran“, fasst Studienautor Jo Seldeslachts zusammen. „Zumindest auf dem Markt der Antidiabetika, einem sehr umsatzstarken und wachsenden Markt, werden die meisten Übernahmen von kleinen forschungsorientierten Firmen getätigt.“
Marktführer setzen mehr auf eigene Forschung als auf Zukäufe
Die Marktführer, die jeweils einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent bei Antidiabetika haben, konzentrieren sich mehr auf ihre eigene Forschung. Anders sieht das bei kleinen Pharmaunternehmen aus, die weniger als ein Prozent Marktanteil im Pharmabereich und noch kein Diabetes-Produkt auf dem Markt haben. Sie arbeiten selbst an 19 Prozent aller Diabetes-Entwicklungen, haben aber auch 30 Prozent hinzugekauft, fast ausnahmslos kleine forschungsorientierte Firmen.
„Um Diabetes-Projekte zur Marktreife zu bringen, braucht es gerade in der letzten Phase große finanzielle Ressourcen. Kleinen Firmen verschafft der Verkauf eines Projekts die notwendigen finanziellen Mittel, um ihre Forschung fortzusetzen“, weiß DIW-Ökonom Seldeslachts. Außerdem können diese Übernahmen geistige Ressourcen, Technologien und Fachwissen bündeln und so die Entdeckung und Entwicklung neuer Therapien beschleunigen.
Die Analyse schließe nicht aus, dass es auf dem wichtigen Markt der Antidiabetika nicht auch Killer-Akquisitionen gäbe, aber die Wettbewerbsbehörden sollten sich nicht allein darauf fokussieren, merkt Studienautor Seldeslachts an. Meist unbemerkt blieben Übernahmen von Unternehmen, deren Projekte weit von der Markteinführung entfernt sind.
(DIW Berlin / STB Web)
Artikel vom: 23.09.2024