Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Kosten für einen für Notfälle eingerichteten Behandlungsraum im privaten Wohnhaus einer Ärztin nicht dem Abzugsverbot für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen.
Mit seinem Urteil vom 29. Januar 2020 (Az. VIII R 11/17) hat der BFH das Urteil des Finanzgericht (FG) Münster vom 14. Juli 2017 (Az. 6 K 2606/15 F, STB Web berichtete) aufgehoben.
Die Klägerin ist als Augenärztin an einer Gemeinschaftspraxis beteiligt. Zur Behandlung von Notfällen hat sie im Keller ihres privaten Wohnhauses einen Raum mit Klappliege, Sehtafel, Medizinschrank, mehreren Stühlen und medizinischen Hilfsmitteln eingerichtet. Einen gesonderten Zugang hat dieser Raum nicht; er ist nur vom Flur des Wohnhauses aus erreichbar. Die Klägerin machte die Aufwendungen für den Behandlungsraum als Sonderbetriebsausgaben im Rahmen der Feststellungserklärung der Gemeinschaftspraxis geltend.
Kein sepater Zugang vorhanden
Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht an. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG Münster ab. Da es an einem separaten Zugang fehle, sei der Behandlungsraum als Arbeitszimmer und nicht als betriebsstättenähnlicher Raum anzusehen. Die Aufwendungen seien auch nicht begrenzt abzugsfähig, weil der Klägerin in den Räumlichkeiten der Gemeinschaftspraxis Behandlungsräume zur Verfügung standen.
Durchgang durch Privaträume nicht grundsätzlich hinderlich
Dies hat der Bundesfinanzhof jetzt anders gesehen und der Klage stattgegeben. Der Behandlungsraum sei nicht allein aufgrund der Tatsache, dass die Patienten zunächst Privaträume der Klägerin durchqueren müssen, als Arbeitszimmer anzusehen. Im Rahmen der für die Abgrenzung erforderlichen Gesamtwürdigung komme der Einrichtung des Raumes als Notfallpraxis, die eine private Mitbenutzung praktisch ausschließe, erhebliche Bedeutung zu. Damit liege ein betriebsstättenähnlicher Raum vor, sodass das Abzugsverbot für häusliche Arbeitszimmer nicht eingreife.
(FG Münster / STB Web)
Artikel vom: 11.08.2020