20161011CEST193656+0100 Fahrten zur Bildungseinrichtung: Finanzgericht entscheidet entgegen BFH

Fahrtkosten vom Ort des Lebensmittelpunktes zum Studienort sind bei einem Studium an einer Bundeswehruniversität im Rahmen der Offiziersausbildung mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Die Universität stellt eine regelmäßige Arbeitsstätte dar, weil das Studium an einer Bundeswehrhochschule integraler Bestandteil der Offiziersausbildung des Truppendienstes ist, so das Finanzgericht (FG) Hamburg.

Das Einkommensteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung regelte, dass zur Abgeltung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eine Entfernungspauschale pro Kilometer der Entfernung von 0,30 Euro, höchstens 4.500 Euro anzusetzen ist. Hat der Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, kann er die Pauschale für die weiter entfernte Wohnung nur geltend machen, wenn sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet. Für andere berufsbedingte Fahrtkosten, auch im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen, sind die tatsächlichen Aufwendungen in Ansatz zu bringen.

Entfernungspauschale erheblich höher als günstige Bahntickets

Im Fall eines Offiziersanwärters, dessen Lebensmittelpunkt über 500 km vom Studienort entfernt war, der aber günstige Bahntickets für seine Fahrten genutzt hatte, erkannt das Finanzamt nur seine tatsächlichen Fahrtkosten, nicht aber die erheblich höhere Entfernungspauschale an. Es berief sich dabei auf den Bundesfinanzhof (BFH), der 2012 seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Fahrtkosten im Rahmen einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme bzw. eines Vollzeitstudiums geändert und entschieden hatte, dass im Rahmen derartiger Bildungsmaßnahmen die tatsächlichen Aufwendungen anzusetzen seien, weil es an einer regelmäßigen Arbeitsstätte mangele (BFH-Urteile vom 9. 2. 2012 VI R 42/11, STB Web berichtete).

FG entscheidet entgegen BFH

Der Kläger wandte sich allerdings mit Erfolg an das FG Hamburg. Dieses ist der neueren Rechtsprechung des BFH im vorliegenden Fall nicht gefolgt. Weil das Studium integraler Bestandteil des Ausbildungsdienstverhältnisses der Offiziersanwärters sei, sei die Bundeswehruniversität die regelmäßige Arbeitsstätte. Dass das Studium befristet ist und nach dessen Abschluss eine Versetzung an einen anderen Standort erfolgt, hat das Gericht nicht als schädlich angesehen. Denn auch bei einem mehrjährigen Studium könne sich der Steuerpflichtige auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken, dies rechtfertige den Ansatz der Entfernungspauschale.

Das Urteil vom 26.4.2016 (Az. 2 K 160/14) ist rechtskräftig.

(FG Hamburg / STB Web)

Artikel vom: 11.10.2016

Quelle: STB Web.