20160310CET150549+0100 Krankenkasse darf einem Querschnittsgelähmten die Trinkmenge nicht vorschreiben
Der gesetzlichen Krankenkasse steht es nicht zu, bei der Gewährung von Kathetern und Bettbeuteln das individuelle Trinkbedürfnis zu reglementieren. Das hat das Sozialgericht Dresden entschieden.
Der 39 Jahre alte Kläger verlor bei einem Motorradunfall eine Niere und ist seitdem querschnittsgelähmt. Zur Blasenentleerung muss er sich selbst katheterisieren. Er gibt an, täglich ca. 3,5 Liter zu trinken. Das hält seine Krankenversicherung für „unphysiologisch“ und nicht medizinisch notwendig. Sie bewilligte die Anzahl Katheter und Bettbeutel, die bei einer täglichen Trinkmenge von 2 ½ l erforderlich sind. Der Kläger verlangt die Versorgung mit weiteren Kathetern und Bettbeuteln. Er verweist auf sein erhöhtes individuelles Trinkbedürfnis.
Menschenwürde verbietet Reglementierung
Das Sozialgericht Dresden gab der Klage nach Einholung von medizinischen Unterlagen überwiegend statt. Die Menschenwürde verbietet es, hinsichtlich des individuellen Trinkbedürfnisses von Durchschnittswerten auszugehen. Der erhöhte Katheter- und Bettbeutelverbrauch beruht zudem auf dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis des Klägers. Auch diesbezüglich ist die Krankenversicherung nicht berechtigt, den Kläger zu reglementieren. Das Sozialgericht verurteilte die Krankenkasse zur Versorgung des Klägers mit 8 statt der bewilligten 6 Katheter und Bettbeutel pro Tag.
Gegen das Urteil vom 9. Oktober 2015 (Az. S 47 KR 105/13, nicht rechtskräftig) hat die beklagte Krankenkasse Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht in Chemnitz erhoben.
(SG Dresden / STB Web)
Artikel vom: 10.03.2016
Quelle: STB Web.