20160309CET183808+0100 Berliner Testament: Steuerpflicht bei testamentarisch angeordneter Verzinsung eines Vermächtnisses
Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte können sich bei einem Berliner Testament auch aus einer testamentarisch angeordneten Verzinsung eines Vermächtnisanspruchs ergeben. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor.
Das sog. Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament von Ehepartnern oder Lebenspartnern, in dem diese sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Zudem bestimmen sie, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an einen Dritten fallen soll. Das Pflichtteilsrecht der Kinder kann mit dem Berliner Testament nicht ausgeschlossen werden. Allerdings werden die Kinder meist gesetzliche Erben oder Nacherben nach dem Tod des zweiten Ehepartners und verzichten daher auf den Pflichtteil.
Vermächtnisbetrag war für fünf Jahre zu verzinsen
Im Streitfall hatten Ehegatten ein Berliner Testament mit folgender Ausgestaltung errichtet: Der Längerlebende sollte nach dem Tode des ersten Ehegatten Alleinerbe werden. Die Ehegatten setzten dem Sohn nach dem ersten Erbfall als Vermächtnis einen Geldbetrag in Höhe des „beim Tode des Erstversterbenden geltenden Freibetrages“ bei der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer aus. Dieser Betrag sollte aber erst fünf Jahre nach dem Tode des zuerst Versterbenden fällig werden. Der auszuzahlende Geldbetrag war mit 5 Prozent bis zur Auszahlung zu verzinsen. Der Vater verstarb im Jahr 2001. Alleinerbin wurde die Mutter. Der Sohn forderte den fälligen Vermächtnisbetrag samt Zinsen von seiner Mutter bei Fälligkeit im Jahr 2006 nicht ein. Im Folgejahr verzichtete er auf seinen Geldanspruch aus dem Vermächtnis samt Zinsen.
Steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen
Der BFH sieht die Zinsen aufgrund des Vermächtnisses in seinem Urteil vom 20. Oktober 2015 (Az. VIII R 40/13) als einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Es liege ein sog. betagtes Vermächtnis vor, das bereits mit dem Tode des Vaters im Jahr 2001 entstanden, aber erst fünf Jahre danach im Streitjahr 2006 fällig geworden sei. Zinsen, die auf einer testamentarisch angeordneten Verzinsung eines betagten Vermächtnisanspruchs beruhen, sind beim Vermächtnisnehmer einkommensteuerpflichtig. Gleichwohl entschied der BFH im Streitfall zugunsten des Sohns. Weder seien ihm im Streitjahr Zinsen gezahlt worden noch stehe einer Auszahlung gleich, dass der Sohn es unterlassen habe, den fälligen Zinsanspruch gegenüber seiner Mutter geltend zu machen.
(BFH / STB Web)
Artikel vom: 09.03.2016
Quelle: STB Web.