20140715CEST155340+0100 Erlaubnis zur Ausübung der Heilpraktikertätigkeit ohne Ablegung der Kenntnisprüfung?

Die Stadt Frankfurt am Main muss einem Mann die Erlaubnis zur Ausübung seiner Tätigkeit als Heilpraktiker ohne Ablegung einer erneuten Kenntnisprüfung nach dem Heilpraktikergesetz erteilen.

In Deutschland bestehen anders als zum Beispiel in Großbritannien oder den USA kein Ausbildungsgang und auch keine gesonderte Regelung zur qualifizierten Ausübung der Chiropraktik. Dies ist ein Heilberuf, der sich mit der Diagnose, Behandlung und Prävention funktioneller Störung der Statik und Dynamik des menschlichen Bewegungsapparates beschäftigt. Die Weltgesundheitsorganisation hatte bereits im Jahr 2006 Richtlinien zur Anforderung an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik herausgegeben. Dies führte letztendlich dazu, dass Chiropraktiker – um überhaupt tätig werden zu können – eine Ausbildung und eine Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz beschränkt auf das Gebiet der Chiropraktik beantragten mussten.

Master-Titel aus dem Ausland

Der Kläger in dem vorliegenden Verfahren hat nach dem Abitur ein Vollzeitstudium in dem Fach „Chiropraktik“ an einem britischen College abgeschlossen. Er schloss dies mit einem Bachelorgrad ab und erhielt ein Jahr später den Mastertitel „Master of Science in Chiropractic Sciences“. Ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen beinhaltet dieser Titel ein klinisches Praktikum von 30 Wochenstunden, während dessen er unter Anleitung von qualifizierten Krankenhausärzten Patienten begutachtete und behandelte. Der Kläger war darüber hinaus nach seiner Ausbildung ca. 7 Jahre als Vollzeitkraft in einer chiropraktischen Klinik in Großbritannien tätig. In diesem Zeitraum hat er mindestens 24.000 Patienten behandelt und ca. 2.000 neue Patienten einer gründlichen Untersuchung mit Diagnosestellung und Erstellung eines Behandlungsplans unterzogen.

Stadt verweigert Genehmigung

Die von ihm beantragte Erlaubnis zum Tätigwerden ohne erneute Ablegung einer Kenntnisprüfung lehnte die Stadt Frankfurt a.M. ab. Das Verwaltungsgericht jedoch stellte in seinem Urteil vom 27.05.2014 (Az. 4 K 2714/12.F) fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf den Bereich der Chiropraktik ohne Ablegung einer erneuten Prüfung hat. Nach den Regelungen im Heilpraktikergesetz bedarf derjenige einer Erlaubnis, wer die Heilkunde – ohne als Arzt bestellt zu sein – ausüben will. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits in mehreren älteren Urteilen darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz ein Rechtsanspruch auf diese Erlaubnis bestehe, wenn kein Versagungsgrund vorliege. Dies sei hier der Fall, da der Kläger durch seine Ausbildungsnachweise an britischen Schulen und seine praktische Tätigkeit an britischen Krankenhäusern seine Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem Bereich der Chiropraktik nachgewiesen habe. Unter Beachtung des beruflichen Werdegangs sei die Befürchtung abwegig, die Tätigkeit des Klägers als Chiropraktiker könne eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellen.

(VG Frankfurt a.M. / STB Web)

Artikel vom: 15.07.2014

Quelle: STB Web.