20150109CET153446+0100 Bundesgerichtshof zur Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute entschieden, dass die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts wettbewerbsrechtlich unzulässig ist.

Im entschiedenen Fall stritten zwei Apotheken darüber, dass eine der beiden einer Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept ausgehändigt hat. Die klagende Apotheke sieht hierin einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG), wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen. Die beklagte Apotheke hat eingewandt, sie habe aufgrund der telefonisch eingeholten Auskunft einer ihr bekannten Ärztin davon ausgehen dürfen, zur Abgabe des Medikaments ohne Vorlage eines Rezepts berechtigt zu sein.

Schutz der Gesundheit der Bevölkerung

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 8. Januar 2015 (Az. I ZR 123/13) zugungsten der klagenden Apotheke. Die Verschreibungspflicht gemäß § 48 AMG diene dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken. Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, würden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets spürbar beeinträchtigt.

Die beklagte Apotheke sei auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt. Zwar könne der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen. Eine entsprechende Ausnahmevorschrift der Arzneimittelverschreibungsverordnung (§ 4 AMVV) setze aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus.

Ausnahmen nur unter bestimmter Voraussetzung

In dringenden Fällen reiche es allerdings aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird. An der erforderlichen Therapieentscheidung fehle es allerdings, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt. Da zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke der Beklagten keine akute Gesundheitsgefährdung bestand, war der Patientin auch zuzumuten, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen.

(BGH / STB Web)

Artikel vom: 09.01.2015

Quelle: STB Web.